Kommentar von Bernd Hans Göhrig

Nun also die Legionäre Christi

21.05.2006

 

Nun also die Legionäre Christi - am vergangenen Freitag setzte der Vatikan den Schlusspunkt unter das schwelende Verfahren gegen Marcial Maciel Degollado (86), den Gründer der traditionalistischen Priestergemeinschaft: Wegen seines hohen Alters wird der Prozess gegen ihn nicht mehr eröffnet - er wurde vielmehr "gebeten", "ein zurückgezogenes Leben des Gebetes und der Buße zu führen" und gefälligst nicht mehr öffentlich in Erscheinung zu treten. Wofür er Buße tun solle, wurde mit "Verfehlungen" fein umschrieben.

 

Hat der alte Mann Klingelbeutel unterschlagen? So schlimm kann es wohl nicht sein, wenn die Glaubenskongregation seine Vergehen nicht mit Strafe sondern Rücksicht quittiert - sollte man meinen.


Doch es geht um einen Tatbestand, der jenseits von Kirchenmauern zum Glück nicht mehr mit Zwangspensionierung erledigt wird: Immer wieder klagten ehemalige Ordensmitglieder Maciel der Vergewaltigung an, die Fälle reichen bis in die 50er Jahre zurück. Zuletzt klagten 1997 neun ehemalige Seminaristen, Maciel habe sie als Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren in Spanien und Italien vergewaltigt - das Verfahren wurde 1999 eingestellt. Doch der Fall Maciel kam nicht zur Ruhe und wurde 2005 neu eröffnet - und nun mit Rücksicht auf das traditionalistische Heerlager eingestellt.



Die Legionäre Christi zählen zu den unter Johannes Paul II. erstarkten traditionalistischen Organisationen: Als Teil einer phantasierten schlagkräftigen Kirche kämpfen sie in militaristischem Geist und Jargon gegen den Ungeist der Zeit. 1941 von Maciel in Mexiko gegründet, verfügt die Legion heute mit etwa 600 Priestern in 18 Ländern und der Laiengemeinschaft Regnum Christi mit über 25.000 Mitgliedern über eine stabile personelle Basis, und sie bildet mit über 100 Schulen, Universitäten, Seminaren und etwa 1000 Zentren eine gefährliche Parallelwelt. Dass der Vatikan auf diese Glaubenstruppen nicht verzichten will, muss nicht erklärt werden. Dass eine auf Disziplin und absolute Autorität ausgerichtete Pädagogik den Missbrauch von Abhängigen fördert, ebenfalls nicht.



Der Vatikan konnte sich am vergangenen Freitag nicht der abschließenden Bewertung enthalten, "das wohlverdiente Apostolat der Legionäre Christi" zu loben - die Reihen sind wieder geschlossen, die Legion marschiert.