Der neue Timmi und die Gedächtnislücken der Tagesschau

Ein Kommentar von Sebastian Dittrich


„Toll – ich sehe zum allerersten Mal so'n Flugzeug-Triebwerk. Wie funktioniert das? – Tja Timmi, wenn man etwas verstehen will, dann sieht man sich's erstmal überall möglichst genau an. Na komm, wirf' einfach mal einen Blick rein. Alles klar? Inzwischen gehe ich hinter den Asbest-Schirm.“

Die Dinos, „Fragen Sie Herrn Eidechs“

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Schon seit einigen Tagen ist der Nachfolger des bisherigen „Missbrauchsbeauftragten“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) bekannt: Es wird Helmut Dieser. In einem Videobeitrag und einem älteren Beitrag bei Tagesschau.de ist auch der Amts-Vorgänger Stephan Ackermann zu sehen. Mit teils stark gerötetem Gesicht und sichtlich gealterten Zügen [2, 3].

Ohne mich selbst alt zu fühlen, hatte ich bei diesem Vorgang eine nostalgische Eingebung: Da gab es doch in den 1990er Jahren eine sehr progressive – und gerade in Deutschland recht populäre –  Kinderserie aus dem Haus von Jim Henson: Die Dinos. Nun wäre eine Assoziation mit der DBK natürlich naheliegend: Unbeholfen herumstampfende, in den männlichen Fällen oft wenig intelligente Dinosaurier. Das war es aber nicht: Es war die in der Serie ein paarmal erscheinende fiktive Kinderserie „Frag Herrn Eidechs“ (im Original: 'Ask Mr. Lizard'). Der running gag war dabei, dass ein kleines Dinosaurier-Kind mit Namen „Timmi“ gefährlichen Experimenten ausgesetzt wurde, mit dem von den Zuschauern erwarteten tödlichen Ausgang – gefolgt von dem obligatorischen Ausruf: „Wir brauchen einen neuen Timmi!“ [5].

Nun ist der ehemalige Trierer Weihbischof und aktuelle Bischof von Aachen Helmut Dieser der neue Misbrauchsbeauftragte. Und damit also der „neue Timmie“ der Deutschen Bischofskonferenz. Ein „nicht gerade vergnügungssteuerpflichtige[s] Amt“ wie eine Rheinland-Pfälzische Zeitung einordnet [4]: Nachdem schon sein Vorgänger kaum Ruhm ernten konnte, und wohl nicht zuletzt mit gesundheitlichen Einbußen gezahlt hat. Und auch mit unerwünschter Aufmerksamkeit: Hat Ackermann doch nicht nur eine Betroffene sexualisierter Gewalt mindestens fahrlässig geoutet [1], sondern auch selbst Täter versetzt auf Seelsorgestellen in Krankenhäusern mit Kinderstationen [7]. Ist es wirklich so zynisch zu hoffen, dass dort von Krankheiten oder Verletzungen gezeichnete Menschen nicht „anziehend“ für potenzielle (Wiederholungs-)Täter waren?

Nicht weniger ärgerlich ist jedoch die Berichterstattung über den Wechsel im Amt des „Missbrauchsbeauftragten“. Denn tagesschau.de zitierte nach dem angekündigten Ackermann-Rücktritt unkommentiert den DBK-Vorsitzenden Georg Bätzing mit einer Würdigung Ackermanns: „Mit ihrer nicht einfachen Vorgeschichte war es Bischof Ackermann, der wesentlich zur Umsetzung dieses für uns wichtigen und wegweisenden Forschungsvorhabens beigetragen hat“ [2] – gemeint ist die sogenannte MHG-Studie zu Fällen sexualisierter Gewalt in deutschen Bistümern. 

Dabei wurde offenbar vergessen, dass Ackermann selbst Teil der „nicht einfachen Vorgeschichte“ war. Immerhin hat er selbst dem vorherigen Auftragsnehmer Christian Pfeiffer und dessen kriminologischem Forschungsinstitut Niedersachsen den Studienauftrag unter Druck entzogen. Und Stephan Ackermann war sich auch nicht zu schade dafür, dem allzu unabhängigen Pfeiffer mit der Beschädigung von dessen Reputation und der Brandmarkung als „Feind der Kirche“ zu drohen – und Politiker römisch-katholischer Konfession für seine Aktionen einzuspannen. Das alles hat Pfeiffer inzwischen – offenbar gerichtsfest, zumindest bis heute unwidersprochen – selbst öffentlich gemacht [6].

Helmut „Timmi“ Dieser weiß sicherlich, worauf er sich einlässt.

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Quellen:

[1] www.deutschlandfunk.de/no-go-fuer-einen-missbrauchsbeauftragten-bischof-ackermann-und-karin-weissenfels-dlf-e7139218-100.html – letzter Zugriff: 10.10.2022

[2] www.tagesschau.de/inland/trier-bischof-missbrauchsbeauftragter-101.html – letzter Zugriff: 10.10.2022

[3] www.tagesschau.de/multimedia/video/video-1093319.html – letzter Zugriff: 10.10.2022

[4] www.volksfreund.de/region/rheinland-pfalz/neuer-missbrauchsbeauftragter-ehemaliger-trierer-weihbischof-dieser-wird-ackermann-nachfolger_aid-77510009 – letzter Zugriff: 10.10.2022

[5] www.youtube.com/watch – letzter Zugriff: 10.10.2022

[6] www.zeit.de/2022/03/christian-pfeiffer-katholische-kirche-missbrauch – letzter Zugriff: 10.10.2022

[7] www.zeit.de/2022/35/missbrauchsfaelle-bistum-trier-krankenhausseelsorge-stephan-ackermann – letzter Zugriff: 10.10.2022