HalFar_Hangar
HalFar Hangar 23.April 2011
Der amerikanische Botschafter verlässt gerade das Gelände, als wir ankommen. Alex Tortell ist im Anzug erschienen. Es ist Karsamstag. Und während gestern noch die prachtvollen Prozessionen durch die kleinen Städte zogen, sind hier im alten Flugzeughangar von Hal Far, im Süden von Malta, 50 Familien untergebracht worden. Eine Prozession kleiner Kinder spielt draußen, wo provisorisch die Abwässer mit Metallplatten abgedeckt sind. Ein kleiner Junge will seine Trinkflasche füllen, doch besser nicht mit diesem Wasser aus dem Hahn neben dem Hangar.
Im Hangar ist es dunkel. Die strahlend neuen weißen Zelte des Schweizerischen Roten Kreuzes stehen im Halbdunkel. Eine Frau fegt den Eingang.
Während die Leitung stolz auf die Ergebnisse dieser familiengerechten Unterbringung ist und uns erzählt, dass es das erste Mal ist, dass so kleine Kinder hier herumlaufen, kritisieren viele die Regierung auch im Land für diese Aufnahmepraxis. Viele Wohnungen und ganze Hotelkomplexe stehen leer und wären so viel besser geeignet, Menschen zu beherbergen, selbst wenn diese Häuser veraltet sind- so sind sie doch mit ausreichend sanitären Anlagen, , als dieses Notquartier.
So treffen wir drinnen vor allem die Väter mit den Kindern, die uns ihre Zelte zeigen. Alle Kinder sind erkältet. Ihre Nasen laufen, denn es ist bitterkalt. Immerhin hat es jetzt nur 14 Grad und es regnet nachts. Sicher der Hangar ist wie ein großer Schutzschirm über den Zelten, doch beide Öffnungen müssen spaltbreit geöffnet sein, denn sonst wäre zu wenig frische Luft da. So aber zieht es durch den Hangar und zwischen den Zelten.
Die Leute hier waren fast vier Jahre in Libyen. Manche waren schon vorher durch Krieg und Flucht traumatisiert. Die Ereignisse in Libyen aber und die Verfolgung der letzten Wochen haben sie besonders gezeichnet.
Ich treffe Dawit, der aus Äthiopien stammt. Er hat weiße Haare, obwohl er doch 1976 geboren wurde. Sein Sohn Mickie hat auch Schnupfen. Er kümmert sich verantwortlich um all die Menschen hier mit. Sie sind gut selbst organisiert. Doch sie fordern Hilfe von außen. Das ist kein Platz für Kinder, sagt er. Und ich weiß, was er meint.
Vor dem Hangar sind die Container. Männer, einige Frauen aus Somalia – Hunderte, die z.T. seit Jahren auf Hilfe warten.
Und dahinter die Zeltstadt- alte Zelte, für ca 700 Menschen.
Das ist gewollt so, damit es sich herumspricht und keine neuen Boote ankommen. Als ob es Navigationsgeräte an Bord dieser Schiffe gäbe, deren Motoren oft kläglich versagen - und die dann gerettet werden müssen.
Wir brauchen Hilfe, sagt Dawit.
Und dann bittet er mich für eine junge Frau, die im Detention Centre säße, und die geflohen ist, weil sie mit dreizehn verheiratet werden sollte. Und die dann nach Libyen kam. Was da geschah, kann sie nicht in Worte fassen. Sie ist traumatisiert. „Man muss nach ihr sehen“, bittet er, der doch selbst Hilfe benötigt.
Er hat Verwandte in Deutschland. Ich hoffe für ihn, dass man ihn und seine Familie bald dorthin lässt.
F.Dethloff